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Die Sammlung Jürgen Kuczynski

Die Sammlung Jürgen Kuczynski from ZEITZEUGEN TV on Vimeo.

Eine Villa im Berliner Stadtteil Weißensee beherbergte eine der größten privaten Bibliotheken Deutschlands: nahezu 70.000 Bücher, 35.000 Zeitschriften und 88 laufende Meter Korrespondenzen und Manuskripte. Ende des 18. Jahrhunderts begründet, wurde die Bibliothek innerhalb einer Familie über sechs Generationen erweitert, wobei ihre letzten Besitzer, der Statistiker und Wirtschaftstheoretiker Robert René Kuczynski (1876-1947) und sein Sohn, der Ökonom Jürgen Kuczynski (1904-1997), nicht nur die intensivste Sammlertätigkeit entfalteten, sondern auch das einmalige Profil der Sammlung schärften. Denn neben Geschichte und Philosophie, Religionswissenschaft und Belletristik – darunter eine beachtliche Krimisammlung – sind es vor allem die sozialwissenschaftlichen Arbeiten, die den Geist der Bibliothek ausmachen. So finden sich herausragende Quellen zur Geschichte des Sozialismus, der deutschen und internationalen Arbeiterbewegung sowie der DDR.

Beginnend mit den 12 Artikeln der Bauernschaft von 1525, führt die Sammlung über Zeugnisse der Emanzipation und Aufklärung – darunter Autographen von Heinrich Heine oder Alexander und Wilhelm von Humboldt – zu Erstausgaben von Marx und Engels. Der seltene Erstdruck des Kommunistischen Manifestes findet sich ebenso wie Manuskripte und Briefe von Rosa Luxemburg oder Tarnschriften aus dem politischen Exil nach 1933.Die Sammlung Kuczynski zeichnet in beeindruckender Geschlossenheit das Bild einer bildungsbürgerlichen, politisch engagierten deutsch-jüdischen Sammlerfamilie über zweihundert Jahre und ist zugleich ein wertvoller Schatz deutscher und ganz besonders Berliner Zeitgeschichte. Wenngleich die Sammlung im Dritten Reich herbe Verluste erfuhr, überstand sie doch zweimal ein Exil und wird durch den sie ergänzenden schriftlichen Nachlaß von Vater und Sohn Kuczynski zu einem wichtigen Zeitdokument. Während Robert René Kuczynski in der Weimarer Republik politischen Einfluß besaß, war Jürgen Kuczynski als verfolgter Kommunist, Angehöriger der US-Army sowie Berater der DDR-Regierung ein von vielen DDR-Bürgern verehrter Kritiker, der unbequeme Fragen stellte und noch unbequemere Antworten gab. Dank der Kulturstiftung der Länder und der Deutschen Forschungsgemeinschaft wird die Sammlung Kuczynski in der Zentral- und Landesbibliothek Berlin ein neues Zuhause finden, wo sie fachgerecht erschlossen und der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden wird.

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